Der Preis

Dieser internationale Preis möchte die herausragende Bedeutung der literarischen Gattung des Essays für eine Gesellschaft hervorheben, welche dem Dialog und der Konfrontation von Ideen vertraut, um ihre Zukunftsentscheidungen zu orientieren.

Dieser Preis wird seit 1975 von der Fondation Charles Veillon verliehen und ist mit 20.000 CHF dotiert. Im Rahmen der Preisverleihung finden Vorträge und öffentliche Debatten statt.

Für den Prix Européen de l’Essai zeichnet die Jury ein literarisches Werk aus, das ein Gedankenexperiment in seiner zugleich subjektiven, innovativen, antidogmatischen und gelehrten Dimension vermittelt. Gleichzeitig erkennt sie die Qualität des Schreibens an, da der Essay in seiner schönsten Tradition eine »gedachte Prosa« ist.

Jeder Essay hat seine Inspirationsquellen, seine literarischen oder intellektuellen Ursprünge: Sein Autor, seine Autorin teilt diese mit, damit das individuelle Abenteuer, aus dem er entstanden ist, zugänglich wird und sich in eine größere Dimension einfügt.

In der Tradition Montaignes stehend, ist der Essay eine Erschütterung. Er befreit sich von überkommenen Vorstellungen und nimmt die Mehrdeutigkeit der Reflexion an.

Der Preis ist europäisch, weil er sich nicht auf eine nationale Bindung beruft. Er ist europäisch, weil er Teil des europäischen Erbes ist, in dem eine Vielzahl von Sprachen, Kulturen und Denkweisen koexistieren. In einem Europa, das der Kontinent der Übersetzung ist, enthält der Essay, wie wir ihn schätzen, Universalität und Identität, die diskordanten Ideale unserer gemeinsamen Geschichte.

Sie sind Verleger*in und möchten einen Essay für den Preis vorschlagen

Sie können ein Exemplar des Essays zwischen Januar und September an die Fondation Charles Veillon schicken.Das Buch wird von drei Mitgliedern der Jury gelesen. Im Falle einer positiven Rückmeldung dieser drei Leser wird es auf die Leseliste der Essays gesetzt, die für den Prix Européen de l’Essai in Frage kommen, und der gesamten Jury zur Lektüre vorgelegt.

Eine Begründung der Jury wird nicht mitgeteilt. Die Bücher werden nach dem Lesen nicht zurückgeschickt.

Postanschrift:
Fondation Charles Veillon
Avenue de l’Église-Anglaise 18
CH – 1006 Lausanne

Als Essay gilt ein Werk, das eine Problematik teilt, die in irgendeiner relevanten Weise mit dem Gegenwärtigen verbunden ist, und das darauf abzielt, die Leserschaft in die Lage zu versetzen, sich mit dieser Problematik zu befassen, eigene Gedanken zu entwickeln und sogar zu handeln.

Der Preis zeichnet Essays aus, die :

  • den Dialog, die Konfrontation von Praktiken und Ideen bevorzugen;
  • die Offenheit für Erfahrung fördern, sprich nach dem Vorbild des wissenschaftlichen Experiments ein ständiges Hinterfragen des Denkens in einer zugänglichen und eleganten Erzählform anregen;
  • eine spirituelle Dimension (eher säkular als konfessionell) einbeziehen, welche dem Verhalten der Einzelnen in Bezug auf das »Zusammenleben« in einer gemeinsamen Welt Sinn verleiht und Orientierung bietet.

Jury des Prix Européen de l’Essai

Die Jury besteht aus Mitgliedern, die in den verschiedensten Bereichen tätig sind.

  • Caroline Abu Sa’Da, Geschäftsleiterin von SOS Méditerranée Suisse
  • Joëlle Kuntz, Schriftstellerin und Journalistin
  • Antonio Loprieno, Ägyptologe und Sprachwissenschaftler, Präsident der Akademien der Wissenschaften Schweiz
  • Gesa Schneider, Leiterin des Literaturhauses Zürich
  • Michael Wirth, Kulturberater, Geschichts- und Deutschlehrer

Stiftungsrat (die Mitglieder des Rates gehören der Jury an):

  • Lucie Kaennel, Theologin und Judaistin, Übersetzerin
  • Josephine Macintosh, Juristin
  • Francesco Panese, Vizepräsident der Fondation, Professor für Sozialkunde der Wissenschaften und der Medezin an der Universität Lausanne
  • Cyril Veillon, Präsident der Fondation
  • Magali Veillon, Verlegerin
  • Jacques Zwahlen, Jurist

Ehemalige Mitglieder

  • Christiane Asté, Theologin (1999–2010), Generalsekretärin von 2004 bis 2007
  • Andris Barblan, Historiker (1973–2004), Generalsekretär
  • Lukas Bärfuss, Romancier und Essayist (2021-2023)
  • Ahmed Benani, Politologe und Religionsanthropologe (2007–2016)
  • Edmond Bertholet, Notar (1972–1993), Vizepräsident
  • Jean-Charles Biaudet, Historiker (1981–1998)
  • François Bondy, Journalist und Romancier (1972–1991)
  • Bernard Böschenstein, Professor für deutsche Literatur (1999–2018)
  • Iso Camartin, Schriftsteller (1991–1994)
  • Fernand Cardis, Arzt (1972–1986)
  • Stéphanie Cudré-Mauroux, Kuratorin im Schweizerischen Literaturarchiv (2005–2017)
  • Pierre du Bois, Historiker (1998–2001)
  • Jacques Freymond, Historiker (1986–1993)
  • Claude Frochaux, Verleger (1994–2010)
  • Ghislaine Glasson-Deschaumes, Journalistin und Politikwissenschaftlerin (1995–1998)
  • Ferdinand Gonseth, Philosoph (1972–1975)
  • Jean-Pierre Hocké, Wirtschaftswissenschaftler, Diplomat (1999–2021)
  • Henri Isliker, Arzt (1980–2000)
  • Georg Kohler, Philosoph, Publizist und Autor (1998–2007)
  • Hugo Loetscher, Schriftsteller (1986–1997)
  • Martin Meyer, Journalist, Publizist und Essayist (1995–2000)
  • Alison de Puymege, Historikerin (1986–1993)
  • Jean-Pierre Rageth, Theologe (1997–2010)
  • Jean Rossel, Physiker (1976–1997)
  • Denis de Rougemont, Schriftsteller, Philosoph (1972–1985)
  • Alain Schaerlig, Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler (1972–1975, 1981–2002)
  • Jean Starobinski, Schriftsteller, Historiker, Arzt (1978–1980)
  • Hubert Thüring, Professor für deutsche Literatur (2007–2020)
  • Jean Vallat, Wirtschaftswissenschaftler (1972–1994)
  • Pascal Veillon, Pfarrer (1972–2014), Präsident
  • André Veillon, Ingenieur (1972–2006)
  • Jean-Claude Veillon, Geschäftsmann, Unternehmer (1972–2007)

Die Preisträger*innen

2023: Arundhati Roy
für ihr Lebenswerk anlässlich des Erscheinens der französischen Übersetzung von Azadi – Liberté, fascisme, fiction
Paris, Gallimard, 2021

2022: Mona Chollet
Réinventer l’amour
Éditions La Découverte, 2021

2021: Johny Pitts
Afropäisch. Eine Reise durch das schwarze Europa
Suhrkamp, 2020

2020: Alessandro Baricco
The Game
Gallimard, 2019

2019: Siri Hustvedt
Les mirages de la certitude
Actes Sud, 2018

2018: Marcel Gauchet
für sein Lebenswerk

2016: Richard Sennett
Together: The Rituals, Pleasures, and Politics of Cooperation
Yale University Press, 2013
Ensemble: Pour une éthique de la coopération
Paris, Albin Michel, 2014

2013: Harald Weinrich
für sein Lebenswerk

2012: Heinz Wismann
Penser entre les langues
Paris, Albin Michel, 2012

2010: Jean-Claude Mathieu
Écrire, inscrire
Paris, José Corti, 2010

2009: Claudio Magris
für sein Lebenswerk

2008: Peter Sloterdijk
Zorn und Zeit
Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag, 2006
Colère et temps
Paris, Maren Sell, 2007

2007: Jan Assmann
für sein Lebenswerk

2006: Giorgio Agamben
für sein Lebenswerk

2005: Alexandra Laignel-Lavastine
Esprits d’Europe
Paris, Calmann-Lévy, 2005

2004: Martin Meyer
Krieg der Werte. Wie wir leben, um zu überleben
Zürich, Nagel & Kimche, 2003

2003: Alain de Botton
L’Art du Voyage
Paris, Mercure de France, 2003

2002: Peter von Matt
Die tintenblauen Eidgenossen
München, Hanser Verlag, 2001

2001: Jean-Claude Guillebaud
Le Principe d’humanité
Paris, Seuil, 2001

2000: Peter Bichsel
Alles von mir gelernt, Kolumnen 1995-1999
Frankfurt, Suhrkampf, 2000

1999: Amin Maalouf
Les identités meurtrières
Paris, Grasset & Fasquelle, 1998

1998: Tzvetan Todorov
Benjamin Constant. La passion démocratique
Paris, Hachette, 1997

1997: Karl-Markus Gauss
Das Europäische Alphabet
Wien, Paul Zsolnay, 1997

1996: Dubravka Ugrešić
Die Kultur der Lüge
Frankfurt, Suhrkampf, 1995

1995: Etienne Barilier
Contre le nouvel obscurantisme. Éloge du progrès
Genève, Zoé-Hebdo, 1995

1994: Dzevad Karahasan
Un déménagement
Paris, Calmann-Lévy, 1994

1993: Jane Kramer
Sonderbare Europäer, tome I
Paris, Grasset & Fasquelle, 1990
Des cités et des hommes, tome II
Paris, Grasset & Fasquelle, 1991

1992: Predrag Matvejevitch
Bréviaire méditerranéen
Fayard, 1992

1991: Roberto Calasso
Les noces de Cadmos et Harmonie
Paris, Gallimard, 1991

1990: Karl Schlögel
für sein Lebenswerk

1989: Timothy Garton Ash
The Uses of Adversity. Essays on the Fate of Central Europe
London, Granta Books, 1989

1988: Eduardo Lourenço
für sein Lebenswerk

1987: Edgar Morin
für sein Lebenswerk

1986: Iso Camartin
Nichts als Worte? Plädoyer für Kleinsprachen
Zürich, Artemis, 1985

1985: György Konrad
Antipolitik (Mitteleuropäische Meditationen)
Frankfurt, Suhrkampf, 1985

1984: Alain Finkielkraut
La sagesse de l’amour
Paris, Gallimard, 1984

1983: Lars Gustafsson
für sein Lebenswerk

1982: Jean Starobinski
Montaigne en mouvement
Paris, Gallimard, 1982

1981: Norberto Bobbio
für sein Lebenswerk

1980: Leszek Kolakowski
für sein Lebenswerk

1979: Manès Sperber
Churban, oder die unfassbare Gewissheit
Wien, Europa Verlag, 1979

1978: Roger Caillois
Le fleuve Alphée
Paris, Gallimard, 1978

1977: Alexandre Zinoviev
Les hauteurs béantes
Lausanne, L’Âge d’Homme, 1977

1976: Ernst F. Schumacher
Small is Beautiful
London, Blond & Briggs, 1973

1975: Jacques Ellul
Trahison de l’Occident
Paris, Calmann-Lévy, 1975